Newsletter
Erhalten Sie monatlich Informationen über aktuelle Themen und laufende Aktivitäten. Zusätzlich ist eine Auswahl von Themenschwerpunkten optional möglich. Sie werden jedenfalls zum allgemeinen Newsletter angemeldet.
„Hey there, baby, I could use just a little help…You can't start a fire without a spark“, singt Bruce Springsteen in seinem bekannten Song „Dancing in The Dark“. Wird es in Europa im Winter dunkel und kalt sein? Eine nachhaltige Energieversorgung erscheint im Zuge der Ukraine-Krise gefährdet. Wo wird der Funke herkommen, der uns die Wärme bringt? Und was haben wir aus der Vergangenheit gelernt? Niall Ferguson stellt sich in seinem brillanten Geschichtsbuch “Der Westen und der Rest der Welt” die Frage, was um 1500 dazu führte, dass einige kleine Staaten am westlichen Ende der eurasischen Landmasse die restliche Welt dominieren? Und noch wichtiger für uns hier und jetzt – erleben wir das Ende der westlichen Welt?
Wohl nicht, aber der Kampf um notwendige Rohstoffe darf uns nicht davon abbringen, die weithin akzeptierte Notwendigkeit einer Transformation der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie aus den Augen zu verlieren. Die Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz entsprechend der „Green Recovery“ Pläne der Europäischen Kommission sind darüber nicht zu vernachlässigen, denn sie verhelfen uns zu der nötigen Unabhängigkeit in Energie und Rohstofffragen. Daher ganz im Gegenteil: Wir müssen den Umbau unseres Wirtschaftssystems vorantreiben und möglichst viele Akteure dafür gewinnen.
Definitiv erleben wir eine „Wende“. Die lineare Wirtschaft ist geprägt von der Ausbeutung von Rohstoffen und Arbeitskraft, der Produktion und des Konsums von Produkten und deren Entsorgung auf stetig wachsenden Mülldeponien – sie ist geprägt vom beständigen Verlust von Wertstoffen. Die nachhaltige Alternative ist eine regenerative Kreislaufwirtschaft, die wertvolle Rohstoffe zirkulieren lässt, regionale Zusammenarbeit, Menschenrechte und Achtsamkeit im Umgang mit der Natur fördert. Der Übergang von einer linearen zu einer regenerativen zirkulären Wirtschaft ist kein Selbstzweck. Die Kreislaufwirtschaft bietet einen systemischen Ansatz der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wohlstands, von dem Unternehmen, Gesellschaft und Umwelt profitieren. Sie zielt darauf ab, Wachstum schrittweise vom Verbrauch endlicher Ressourcen zu entkoppeln.
Digitalisierung wird als wichtiger Wegbereiter für den Übergang von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft verstanden. Sie ermöglicht uns zum Beispiel den Zugang zu zuverlässigeren Umweltdaten, transparentere und kreislauffähigen Lieferketten, mehr Transparenz und gewährleistet eine einfachere Rückverfolgbarkeit von wertvollen Rohstoffen. Wir brauchen beides – digitale und zirkuläre Transformation gleichzeitig.
Uns allen ist bewusst, dass die Ressourcen auf unserem Planeten begrenzt sind und wir aufhören müssen, sie auszubeuten. Obwohl 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen bereits im Jahr 2015 die globale Agenda zur Beendigung der Armut bis 2030 und zur Verfolgung einer nachhaltigen Zukunft unterzeichnet haben, „tanzen wir immer noch im Dunkeln“. Wir setzen zirkuläre Lösungen noch viel zu wenig ein und machen von den Vorteilen und den bereits bestehenden technologischen Lösungen der Digitalisierung und KI kaum Gebrauch, um eine nachhaltige Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen.
Wir haben viele Richtlinien in der EU verabschiedet – vom New European Green Deal über den Circular Economy Action Plan, Green Recovery Plan, Fit for 55, The New European Bauhaus, um nur einige zu nennen - aber der Umbau zu einer zirkulären Wirtschaft ist sehr komplex. Es gibt kein globales Rezept, das diesen weltweit erleichtern würde.
Dennoch passen sich Unternehmen und ihre Führungskräfte an diese „neue Realität“ an, in der natürliche Ressourcen knapp und lineare Lieferketten unsicher geworden sind. Damit Unternehmen und Marken mit nachhaltigen Geschäftspraktiken zunehmend Marktanteile gewinnen, spielen Verbraucher*innen ebenso wie Anteilseigner*innen und viele weitere Stakeholder eine wichtige Rolle. Sie haben gemeinsam mit den Unternehmen die Macht, eine positive soziale und ökologische Wirkung zu entfalten. Ein großartiges Beispiel bietet Italien, wo The European House - Ambrosetti, einer der hochkarätigsten privaten Think Tanks die Initiative „Retail 5.0 Community “ins Leben gerufen hat. Das Ziel dieser Initiative ist es Szenarien, Strategien, und Richtlinien für den Facheinzelhandelssektor zu entwerfen und Best Practices auf die Bühne zu heben, um damit einem der wichtigsten Wirtschaftssektoren Italiens, Gehör zu verschaffen und ihn im politischen und wirtschaftlichen Kontext Italiens gebührend zu positionieren.
Die Retail 5.0 Community dient als gutes Beispiel dafür, wie sowohl digitale als auch zirkuläre Prinzipien als entscheidend für die zukünftige Entwicklung eines der wichtigsten nationalen Sektoren Italiens adressiert werden können. Mit richtiger „Orchestrierung“ verschiedener Interessengruppen, schaffen Formate wie dieses die so begehrte Resilienz.
Ein bekanntes afrikanisches Sprichwort besagt: „Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Wenn du aber weit gehen willst, geh gemeinsam mit anderen.“ Etwas, das ich auf meiner globalen „Circular Journey“ in den letzten zehn Jahren gelernt habe ist, dass Kooperation der Schlüssel für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist.
Als Co-Vorsitzende der European Circular Economy Stakeholder Plattform und Gründerin des Circular Change – Institute for Circular Economy habe ich zu mehreren Kreislaufwirtschaftsstrategien und nationalen Roadmaps beigetragen, Prognosen erstellt sowie mit Vertreter*innen von Regierungen, Städten, Unternehmen, NGOs und Kreative gesprochen und dabei festgestellt: Trotz all des Wissens und der Daten, die wir haben, fehlt es immer noch an unterstützenden Gesetzen, Steuern, Anreizen und vor allem am sichtbaren Willen der Regierungen, um die zirkuläre und digitale Transformation zu fördern. Laut einem aktuellen Bericht der ”Green Alliance“ wünschen sich Unternehmen, die von linearen zu kreislaufähigen Geschäftsmodellen wechseln und Produkte viel länger in Gebrauch halten wollen, mehr Unterstützung von der Regierung.
Ich will mich und alle Unternehmen, Shareholder und Konsumenten ermutigen, nicht in dunklen Szenarien für unsere Zukunft gefangen zu sein. Vielmehr möchte ich das Vertrauen in die Kraft jeder und jedes einzelnen von uns stärken, zu einer besseren Zukunft beizutragen. Gemeinsam können wir uns den Herausforderungen zur Rettung unseres Planeten stellen, indem wir täglich die richtigen Entscheidungen treffen.
Der CO2-Fußabdruck von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist mit dem der Luftfahrtindustrie vergleichbar. Ihre Umweltauswirkungen sind von der Extraktion der Rohstoffe bis hin zu Gebrauch und Entsorgung schwerwiegend. Elektroschrott stellt den weltweit am schnellsten wachsenden Abfallstrom dar und davon werden nur 17 Prozent ordnungsgemäß gesammelt und recycelt. Mit Blick auf diesen „Fußabdruck“ - sollten wir die beiden Megatrends Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft zum Tanz bitten, indem wir folgenden Schritten folgen:
1. Umdenken: Kann ein Produkt durch ein Service oder eine digitale Lösung ersetzt werden?
2. Kreislauffähiges Design: langlebiges, umweltfreundliches Design, Produkte reparierbar, wiederverwendbar, recycelbar machen, damit wir den Lebenszyklus jedes einzelnen Produkts und Materials verlängern können.
3. Kollaborative zirkuläre Netzwerke: Übergang von linearen Wertschöpfungsketten zu komplexeren Partnerschaftsnetzwerken, die eine Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsprinzipien ermöglichen.
4. Rückverfolgbarkeit und Transparenz in jedem Schritt Ihrer Wertschöpfungskette: von der Beschaffung bis zur Wartung und Rücknahme des Produkts mit dem Ziel der Abfallvermeidung
5. Positive Disruption: Förderung von innovativem und kreativem Handeln – kein Problem kann mit der gleichen Denkweise gelöst werden, mit der wir es geschaffen haben.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Kombination von zirkulärer und digitaler Transformation bietet ein enormes Potenzial, Klima- und andere Krisen unserer Zeit gleichzeitig zu bewältigen. Kooperation ist der Schlüssel für diese Entwicklung und durch gute Disruption können positive Veränderungen sowohl auf geschäftlicher als auch auf politischer Ebene erfolgen. Kluge und weise Entscheidungen sind notwendig, um den Niedergang unserer Zivilisation zu verhindern. Niemand außer uns – hier und jetzt – kann unseren Tanz aus der Dunkelheit ins Licht führen.
Der Guardian berichtet: „Wenn wir in einem Szenario mit hohen Emissionen weitermachen, könnten wir alle drei Jahre Temperaturen wie diese sehen … Die einzige Möglichkeit, das Klima zu stabilisieren, besteht darin, Netto-Null zu erreichen … und zwar bald.“ Wir Menschen sind Teil der natürlichen Systeme. Und wir sind diejenigen, die die Art und Weise, wie wir produzieren und konsumieren, radikal ändern müssen. Und zwar sofort!
Zur Autorin: Mag. Ladeja Godina Košir ist Co-Vorsitzender von ECESP & Gründer und Direktor von Circular Change, sowie Vorsitzende des International Council im Circular Economy Forum Austria
Kurzbiografie:
Ladeja Godina Košir, MSc, Gründerin und Geschäftsführerin von Circular Change, Co-Vorsitzende der European Circular Economy Stakeholder Platform (ECESP) in Brüssel. Eine international anerkannte Expertin für Kreislaufwirtschaft, Rednerin, Dozentin und Mitgestalterin internationaler Kreislaufwirtschaftsveranstaltungen sowie Mitglied mehrerer internationaler CE-Gremien, Expertengruppen und Jurys. Ladeja ist Co-Autorin des ersten Fahrplans zur Kreislaufwirtschaft in Slowenien, Serbien, Montenegro, Kosovo und Chile. Sie arbeitet mit CE-Teams von den nordischen Ländern bis nach Lateinamerika zusammen, ist in mehreren Denkansätzen aktiv, darunter Chatham House, trägt zu verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen bei und war Gastprofessorin in Japan (Kyoto). Sie war Finalistin des Circular Leadership Award 2018 (Davos WEF) und wurde 2020 von der EU-Kommission als #EUwomen4future ausgezeichnet.
Newsletter
Erhalten Sie monatlich Informationen über aktuelle Themen und laufende Aktivitäten. Zusätzlich ist eine Auswahl von Themenschwerpunkten optional möglich. Sie werden jedenfalls zum allgemeinen Newsletter angemeldet.