Newsletter
Erhalten Sie monatlich Informationen über aktuelle Themen und laufende Aktivitäten. Zusätzlich ist eine Auswahl von Themenschwerpunkten optional möglich. Sie werden jedenfalls zum allgemeinen Newsletter angemeldet.
Mit Inkrafttreten des Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) wurden ab dem Geschäftsjahr 2017 bestimmte Unternehmen verpflichtet, auch über Diversitäts- und Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten. Ergänzend zur jährlichen Finanzberichterstattung wurde eine verpflichtende Erstellung einer nichtfinanziellen Erklärung als Bestandteil des Lageberichts oder alternativ die Erstellung eines separaten nichtfinanziellen Berichts eingeführt. Weitere Details dazu hier. Betreffend des Umfangs der davon erfassten Unternehmen werden unterschiedliche Zahlen genannt. Realistisch ist, dass es in Österreich wohl etwas weniger als 100 sind. Zu wenig? Mag sein! Jedoch handelt es sich dabei um die größten Unternehmensgruppen nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten. Fast alle sind internationale Konzerne, die teilweise Tochtergesellschaften in der ganzen Welt haben. Damit ist in Sachen Relevanz die Bedeutung zumindest nachvollziehbar. Dennoch, der Kreis der Betroffenen ist nicht der einzige Punkt, der zu wiederholter Kritik im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie geführt hat. Weitere kritische Stimmen sind anzuführen, die von fehlender Vergleichbarkeit, zweifelhafter Verlässlichkeit bis hin zu mangelnder Transparenz betreffend Wesentlichkeit reichen. Die EU hat bereits im Zuge der Verlautbarung der NFI-Directive in Artikel 3 eine Überprüfung der Umsetzung seitens der Kommission angekündigt. Damit war klar, dass der Prozess der Implementierung der EU-Directive von einem strikten Monitoring begleitet werden wird, um die Wirksamkeit der europaweit neuen Berichterstattung zu beobachten. Genau an diesem Punkt sind wir heute angelangt!
Auch wenn sich die gängige Abkürzung für die NFI-Richtlinie geändert hat, geht es dennoch um dieselbe Sache. Non Financial Reporting Directive (NFRD) steht für eben jene EU-Directive, welche im Zuge ihrer Umsetzung zur Einführung des NaDiVeG in Österreich geführt hat. Der offizielle Startschuss zur Überarbeitung der NFRD wurde seitens der Europäischen Kommission Anfang dieses Jahres gegeben. Auch wenn der Zeitplan laut EU-Roadmap, zur Vorlage eines Entwurfs wiederholt verschoben wurde, steht die Brisanz erwartbarer Änderungen außer Frage. Der Summary Report of the Public Consultation on the NFRD liest sich wie ein „Brainstorming“ dazu, was in einem Arbeitsprogramm der EU- Kommission Platz finden sollte. Tatsächlich lassen sich hier in Zusammenhang mit lebhaft geführten Debatten maßgebliche Beispiele finden, um kommende Regelungen mit Spannung zu verfolgen.
Ausgehend davon, dass ein europäischer Standard zu erarbeiten sein wird, nennt eine klare Mehrheit der eingebrachten Stellungnahmen im Summary Report der EU-Kommission die Einbindung von Expertise zur Finanzberichterstattung für erforderlich. Im September 2020 nahm EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) die ambitionierte Mission auf, um die Ausarbeitung eines möglichen europäischen Non-financial-reporting Standards vorzubereiten. Zeitnahe dazu kam auch Bewegung zwischen den bestehenden internationalen Standard Settern auf. Insbesondere wird durch die aktuell noch offene Consultation der IFRS-Foundation die Diskussion um eine globale Harmonisierung befeuert. CDP, CDSB, GRI, IR und SASB bekunden ausdrückliches Interesse an einer Zusammenarbeit mit der IFRS-Foundation. Damit besteht bis auf Weiteres Ungewissheit, wer, mit wem, in welcher Rolle auf europäischer, sowie auf internationaler Ebene agieren und kooperieren wird. Ein Bild über die Vielfalt der Initiativen zur Annäherung von Standards zur Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung geben jährlich die ISAR Honours (International Standards of Accounting and Reporting), welche seit 2018 auf nationaler und internationaler Ebene Best Practice zu Sustainability und SDG Reporting auszeichnen.
Bei all dieser Dynamik stellt sich die Frage der Position von KMUs, deren bedeutende Rolle als Marktteilnehmer im nationalen aber auch internationalen Kontext außer Frage steht. Demnach wird Standardsetting mit Relevanz für KMUs ebenfalls für notwendig erachtet, auch wenn die genannten Gründe dafür unterschiedlich sind. Realistisch dürfte die Annahme sein, dass sowohl aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtung in der Lieferkette, als auch des systemimmanenten Finanzierungsbedarfs einheitliche Standards für KMUs als eine Art Schutzfunktion zu sehen sind, um überbordende individuelle Reporting-Anforderungen seitens anderer Marktteilnehmer einzudämmen.
Vorhersagen über die Zukunft sollte man unterlassen – zu leicht lässt sich im Rückblick Unzutreffendes feststellen. Im Falle der erwarteten Bedeutung der überarbeiteten NFRD lassen sich dennoch einige Punkte fest machen. Der Grund dafür ist das teilweise bereits bestehende Regelwerk im Rahmen des Maßnahmen-Regimes zu Sustainable Finance. Ein Wirkungsgeflecht aus EU-Verordnungen mit stufenweiser Anwendbarkeit, ergänzt durch Ermächtigungen für delegierte Rechtsakte, geben bereits ein sehr konkretes Bild, wie sich die künftige Situation darstellen wird, wenn eine neugefasste NFRD Geltung erlangt. Dabei ist zu beachten, dass die EU-Taxonomie Verordnung am 22. Juni 2020 veröffentlicht wurde. Nunmehr erfolgt in zeitlichen Etappen deren Anwendung für Klassifizierungen und Berichterstattung.
Im hier gegebenen Zusammenhang ist die konkrete Verschränkung der EU-Taxonomie mit der NFRD beachtlich. Wird künftig der Kreis der NFRD-verhangenen Unternehmen ausgedehnt, erweitert sich im gleichen Maße der Wirkungskreis der EU-Taxonomie. Darin stellt der sog „Artikel 8 Bericht“ einen wesentlichen Baustein dar. Es gilt Transparenz zu ökologisch nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten mittels %-Anteilen bei Umsatzerlösen, Investitionsausgaben (CapEx) und Betriebsausgaben (OpEx) zu schaffen. Unternehmen und Unternehmensgruppen, welche verpflichtet sind eine nichtfinanzielle Erklärung bzw., einen nichtfinanziellen Bericht zu erstellen, müssen entsprechende Informationen für die Umweltziele „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ ab dem 1. Jänner 2022 in die Berichterstattung aufnehmen. Das bedeutet, dass das Geschäftsjahr 2021 bereits berichtsrelevant ist. Diese bereits über die Maße knappe Vorlaufzeit zur Einführung entsprechender unternehmensinterner Prozesse wird zusätzlich durch in der Verordnung fehlende Konkretisierungen erschwert. Erst für den 31. Dezember 2020 sowie für den 1. Juni 2021 sind die erforderlichen delegierten Rechtsakte angekündigt (s. Beitrag Michaela Schmiedchen im respACT Webinar 09.12.2020).
Unter der umfassenden Agenda des EU Green Deals und der Zielsetzung erster klimaneutraler Kontinent zu werden, zielt der Aktionsplan zur Sustainable Finance auf den Finanz- und Kapitalmarkt ab. Durch (1) Umlenkung der Kapitalströme zu nachhaltigen Investitionen, (2) Einbeziehung der Nachhaltigkeit in das Risikomanagement und (3) der Förderung von Transparenz und Langfristigkeit wird auf die Ratio wirtschaftlich sinnvollen Handelns eingewirkt.
Damit wird die Berichterstattung weiterhin eine inhaltlich und umfänglich dynamische Entwicklung nehmen. Für jene, die die zunehmende Länge von Berichten mit Besorgnis beobachten, werden Bedenken anzumelden sein. Viel zu lang – das liest doch keiner! Warum jedoch nicht davon ausgehen, dass die vielen Seiten auch Relevanz haben?! Warum nicht davon ausgehen, dass diese Berichte nicht nur für Finanzexperten gedacht sind, sondern für eine Gemeinschaft unterschiedlicher Anspruchsgruppen?! Es ist zu vermuten, dass Wirtschaft und Gesellschaft die notwendige Expertise im Umgang mit solchen Informationen erst wird erwerben müssen, um diese neue Sprache von Performance zu sprechen. Viel zu wenig ist dabei noch bewusst, dass neue Berufsbilder und Ausbildungsprofile gefragt sind, die es heute in dieser Form noch nicht gibt.
Auch wenn der vorliegende Beitrag auf die gesetzlich-verbindliche Nachhaltigkeitsberichterstattung abzielt, soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich diese kommenden Anforderungen vielfach mit bereits etablierten Reporting-Strukturen verschränken werden. Gleichzeitig kann man die aktuellen Entwicklungen als „last call“ interpretieren, um möglicherweise bis dato Versäumtes bei der Implementierung notwendiger Prozesse nachzuholen. Globale Trends und individuelle Betroffenheit liegen oft sehr eng beisammen. Ein weiterführendes Bild zu diesem weiten Spektrum gibt die regelmäßig erscheinende Publikation zu Sustainability Reporting, Carrots & Sticks 2020.
Das große Bild künftig verbindlicher Unternehmensberichterstattung lässt sich teilweise bereits erahnen. In jedem Fall bedeutet es ein Zusammenführen und Zusammenwirken wirtschaftlicher Akteure. Begleitende Determinanten stellen sowohl die Entwicklung der Finanz- und Kapitalmärkte als auch der gesellschaftliche Diskurs dar. Vielfach in der Vergangenheit eingefordert, heute reale Chance zur Mitwirkung.
Über die Autorin
Mag. Brigitte Frey, Wirtschaftsprüferin, war langjährige Partnerin bei einem Unternehmen der Big Four, aktuelle Funktionen: Vorsitzende der Arbeitsgruppe Nichtfinanzielle Berichterstattung in der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW), Leitung der Auszeichung und Juryleitung des Austrian Sustainability Reporting Awards (ASRA), Delegierte der KSW in der Taskforce ESG-Reporting und ESG-Assurance bei Accountancy Europe, Brüssel
Gefördert vom
Newsletter
Erhalten Sie monatlich Informationen über aktuelle Themen und laufende Aktivitäten. Zusätzlich ist eine Auswahl von Themenschwerpunkten optional möglich. Sie werden jedenfalls zum allgemeinen Newsletter angemeldet.